Zu Gast bei den Stampers – American Football in Trier

Ein großer Plan bei der Idee, ein Blog zu eröffnen war es auch, über American Football zu schreiben. Dahingehend war das Timing nicht besonders gut, denn die Saison amerikas größter Liga, der NFL geht von September bis Anfang Februar und hat dann einen weiteren Höhepunkt Ende April beim sogenannten Spielerdraft. Dazwischen werden hier und da ein paar Spieler transferiert und vor allem trainiert. Wenn man im Mai einen Blog eröffnet, entsteht so dann erstmal eine Saure-Gurken-Zeit, die dummerweise auch von den großen anderen Themen dieses Blogs (Eurovision von Februar bis Mai, Oskar-Verleihungen im Januar und Februar) nicht gefüllt werden können. Sogar beim Fußball ist Winterpause und ich kann ja nicht die ganze Zeit über Musik und 1860 reden. Da kam eine Interessensbekundung eines Freundes auf Facebook für die American Footballpartie des PST Trier Stampers gegen die Bad Kreuznach Thunderbirds.

Es war für mich das erste Mal, dass ich mir American Football live ansehen würde. Da das Wetter geradezu ausgezeichnet war, führte mich mein Weg an diesem Samstag, den 10. Juni also in Triers Stadtteil Heiligkreuz, wo das Spiel auf einem umfunktionierten Fußballplatz stattfinden würde. Meine Erwartungen waren derweil sehr gering. Ich wusste z.B. gar nicht, dass es die Stampers überhaupt noch gab. Ende der 90er wurden die Stampers aus den „Resten“ der aus Spielermangel und Verletzungssorgen abgemeldeten Trier Saints mit finanziell eifriger Mithilfe der Karlsberg Brauerei gegründet und klopften zum Jahrtausendwechsel sogar an die Tür der zweiten Liga. Irgendwann stiegen sie dann aber bis in die Landesliga ab und so verlor sich der Blick der Öffentlichkeit. Der erste große NFL-Boom in Deutschland war eh seit einigen Jahren wieder vorbei und auch die lokalen Zeitungen hatten für die Footballer nicht mehr wirklich Platz im Sportteil.

Zudem hatte Trier irgendwann den Luxus zweier Mannschaften, da es auch die Trier Wolverines gab. So kam schon das Gefühl auf, dass die Wolverines eine Art Nachfolgerteam sein könnten. Dass dann die Wolverines irgendwann erst von einer Herren in eine Damenmannschaft umfunktioniert wurden und auch diese 2015 den Weg allen seins ging, lag die Vermutung tatsächlich nahe, dass American Football in Trier nicht mehr existiere. Umso erfreuter war ich, dass mir nun diese Möglichkeit geboten wurde. Denn seit zwei Jahren, als auf Pro 7 Maxx die Sendung Ran NFL gestartet wurde, boomt der American Football in Deutschland wieder. Die Erwartungen waren dennoch niedrig. Wo sollen die auch her kommen, wenn man sich erstmal wundert: „Die gibt’s noch?“

Home of the Stampers

Die erste Überraschung erwartete mich in Heiligkreuz dann bereits auf dem Parkplatz. Es gab nämlich keine Parkplätze mehr. Zwar war das Parken am Straßenrand nun kein Problem, aber tatsächlich erwarteten mich im inneren sicher um die 200 Zuschauer. Ein größtenteils jüngeres Publikum, gut gemischt mit ein wenig Heiligkreuzer Altadel, wie man so schön sagt. Hinzu kam eine kleine Gruppe Amerikanischer Spielerfrauen. Ja, die US-Base in Wittlich ist nah und so kann man von dort immer einige gute Spieler abzwacken. Auch am Eingangshäuschen schon die nächste positive Überraschung, als ein süßes Mädel gerade mal 3 Euro Eintritt verlangte. Wenn man überlegt, dass ich mir die Heimspiele von Eintracht Trier abgewöhnt habe, weil diese steten Beleidigungen 8,50 Euro kosteten war das eine sehr nette alternative.

Zu dumm, dass es bereits das letzte Heimspiel der Saison war. Trier ist Teil des American Football Verbands Hessen und spielt dort in der zweithöchsten Liga, der Oberliga. Und die besteht nur aus 6 Teams. Bisher hat Trier alle seine Spiele gewonnen, der Spielplan ist aber auch insofern seltsam, dass sie nun das vierte Heimspiel in Folge hatten und von daher nur noch auswärts antreten. Eine Livesportalternative werden die Stampers in diesem Jahr also auch nicht. Und auch in der Regionalliga Mitte spielen nur 6 Vereine. Von daher sah es doch danach aus, als würde Football live in Trier ein eher kurzfristiges Vergnügen irgendwann zwischen April und August. Aber hey, sie hatten Kuchen. Ja, auch die Cateringpreise waren extrem freundlich angelegt. Und auch an Sitzplätzen fehlte es auf dem wirklich nett anzusehenden Sportplatz nicht. Auf Grund eines latenten Geruchs nach Hundekot hatte ich mich aber dennoch für einen Stehplatz rechts neben der Tribünen entschieden.

Dann war Zeit für den Anpfiff. Da gab es gleich die nächste Überraschung, es gab tatsächlich 6 Schiedsrichter. Auch hier hatte ich nicht damit gerechnet, dass es überhaupt so viele Football-Schiedsrichter in Deutschland gibt. Aber die Stampers waren eh etwas größer angesiedelt, als ich es mir dachte. So haben die Stampers neben ihrem A-Kader, der ja doch aus 40 bis 50 Spielern besteht noch eine A- und eine B-Jugend sowie ein Damenteam. Ich hätte mir tatsächlich nicht erträumen lassen, dass Football in Trier doch so eine große Nummer war. Und auch die Stadtiontechnik überraschte mich. So gab es in einem Turm über den Tribünen einen Moderator, der das Spiel die ganze Zeit kommentierte und sogar für „neue“ Fans die Regeln erklärte. Und wenn gerade eine Spielpause war und er nichts zu sagen hatte, wurde das Publikum mit sympathischer Rockmusik beschallt.

Entsprechend entspannt lief es in Heiligkreuz ab. Manche Zuschauer kamen ein gutes Stück nach Spielanpfiff erst dazu, wohl wissend, dass sie in den Anfangsminuten eh nicht viel verpassen würden. Dazu hatten sie aber ihre Gartenliege mitgebracht und suchten sich so nun ein schattiges Plätzchen. Jetzt galt es nur noch eine letzte Erwartung zu wiederlegen. Die Spielqualität.

Das war zugegeben die Schwerste aller Aufgaben. Wenn man sonst nur NFL Football im Fernsehn zu sehen bekommt, entwickelt sich eine komplizierte Einstellung zu dem, was man erwartet und dem, was man geboten bekommt. Im ersten Drive zumindest lief Triers Runningback nach Belieben durch die Bad Kreuznacher reihen und besorgte ein First Down nach dem anderen. Nur, war der Running back nun einfach so gut oder die Defense so schlecht? Wenn der Ball alternativ mal gepasst wurde, drehte sich der Ball wie ein Boomerang um die eigene Längsachse und war damit quasi unfangbar, was zusätzlich vermuten ließ, warum so viel gelaufen wurde. Klar, wenn es klappt. Immerhin verband das Gesehene auch direkt, denn schnell war das Gespräch mit dem Nebenmann gesucht, wo man sich selbst als Trainer hinstellte und diskutierte „Das war doch ein Holding-Foul“ oder „Wie kann man da eine Outroute laufen“.

Der Quaterback hatte allerdings auch nicht wirklich Gelegenheit, einen zweiten Pass an den Mann zu bringen. Es war im Grunde auch eine kleine Bestätigung meiner Befürchtungen, als Bad Kreuznach den Quaterback gut zwei Sekunden nachdem er den Ball bereits geworfen hatte übelst von hinten zu Boden war. Ein Foul im Football, was sich „rushing the passer“ nennt. Gibt eine Strafe von 15 Yards und ein neues First Down, was in Trier aber niemandem groß zu interessieren schien. Denn der Quaterback blieb liegen und sorgte für eine dreiviertelstunde Spielunterbrechung, weil man einen Krankenwagen rufen musste. Der arme Kerl erhielt sogar eine Infusion und Gerüchten zufolge besteht der Verdacht eines Oberschenkelhalsbruches. Autsch! Ja, American Football ist kein ungefährlicher Sport. Aber einen Krankenwagen auf Höhe des Mittelkreises wollte nun wirklich niemand sehen.

Kurz vor vier Uhr gings dann weiter. Triers Ersatzquaterback ist angeblich normalerweise Fullback, also jemand, den man nimmt, um sich wie ein Panzer auf kurzen Strecken durch die Masse zu tanken. Ohja, Laufen konnte der Knabe, genauso aber passen. So hatte Trier auf einmal eine Waffe mehr auf dem Platz, was dieser auch unmittelbar nach Wiederanpfiff mit einem Touchdown dankte. Der anschließende Extrapunktversuch dann zeigte aber wieder die Liga, in der man spielte. Der Snap – also der Wurf des sogenannten Centers zum Quaterback oder in dem Fall „Snapper“ welcher jeden Spielzug eröffnet – ging kräftig daneben und landete irgendwo in der Walachei. Leider auf Trierer Seite eine kontinuierliche Angelegenheit, später ging ein weiterer Snap weit über den Quaterback, die Bad Kreuznacher fingen diesen in der Trierer Endzone und erzielten so einen Touchdown. Und auch sonst waren schlechte Snaps – wenngleich bei beiden Teams – durchaus ein wiederkehrendes Problem.

Es gab auch andere Feinheiten im Spiel, die einem immer wieder bewusst machten, in welcher Liga man hier kickte. Als NFL-Fernsehzuschauer weiß man irgendwie, dass, wenn man mal den Ball hat man damit niemals rückwärts läuft. Wird man getackelt, verliert man so natürlich viel mehr Yards als wenn man noch weiter vorne gewesen wäre. Und wenn man auf der eigenen Goalline – also quasi der 0 Yard-Linie – steht und versucht, irgendwie raus zu rennen, dann herje, keine Outroute – also keinen Lauf außen an den Defensivspielern vorbei, sondern einfach ab durch die Mitte. Bad Kreuznach bedankte sich für diese taktische Fehlleistung mit einem Safety, also dem Tackeln des Balltragenden Spielers hinter der Touchdownlinie – und erhielt so 2 Punkte.

Wie gesagt, man wurde irgendwie schnell selbst zum experten. Man grübelte, was man wohl die nächste Woche trainieren würde, wenn man Trainer wäre. In dem Fall Kick returns. Bad Kreuznachs bester Spieler war der Punter – also der Spieler, der den Ball weg kickt, wenn eigentlich schon alles verloren ist. Der Kickte den Ball immer hoch, weit und präzise, während die Trierer eine Vorliebe dafür entwickelten, den Ball erst einmal auf Titschen zu lassen, bevor sie ihn direkt fingen, weswegen es immer sehr weit hinten für die Stampers los ging.

Letztendlich musste man aber auch sagen, dass das Niveau dennoch bedeutend höher war als das, was man erwartet hatte. Wenn ich sage, dass Bad Kreuznachs bester Mann der Punter ist, erzählt das nämlich eine weitere Geschichte. Triers Prunkstück war die Abwehr. Und wie die ihre Gegner im Sack hatten, war eine wahre Augenweide. Bad Kreuznach gelang nach meiner Erinnerung nicht ein einziges First Down. Sprich in all ihren Spielzügen gelang es den Gästen von der Nahe nicht einmal, in drei Versuchen 10 Yards weiter zu kommen. Dafür gab es drei oder vier Interceptions der aufmerksamen Trierer Spieler im Backfield. Trier auf der anderen Seite hatte in ihrem Angriff sehr wohl Waffen, neben dem Runningback und dem sich in bester Cam Newton-Manier fortbewegenden Fullquaterback auch noch einen extrem fangsicheren Wide Receiver (Nr. 11). Und da auch die Passverteidigung der Kreuznacher mit ihrem Gegner völlig überfordert war, stellte der Endstand kurz nach 6 Uhr auch keine Überraschung dar. Die Stampers gewannen mit 22:9 und sind damit weiterhin ungeschlagen. Dem aufmerksamen Leser wird auffallen – alle 9 Gegentreffer sind von der Bad Kreuznacher Defensive erzielt worden. Was für eine Defence. Da kann Trier wahrlich stolz sein.

Das genaue Spielende war übrigens schwer auszumachen. Denn nirgendwo gab es eine Uhr, die die Spielzeit ansagte. Die Schiedsrichter, welche tatsächlich eine entsprechende technische Ausrüstung hatten, damit ihre Entscheidungen laut und deutlich verständlich über die Stadionboxen verkündet werden konnten, gaben immer wieder mal eine Zeit durch, damit man grob eine Orientierung hatte. Aber die Spieler schienen zu wissen, was Sache war und als der Quaterback dann irgendwann einfach nur noch zweimal aufs Knie ging, war klar, dass es nun vorbei wäre. Doch auch im danach zeigte sich, dass American Football irgendwie anders war. Nachdem sich zunächst beide Mannschaften in einer Reihe am Mittelkreis aufstellten und sich gegenseitig die Hand gaben, liefen dann zunächst die Spieler Bad Kreuznachs auf die Trierer Fans zu und applaudierten – und diese Applaudierten beherzt zurück und dankten ihnen für ihr Spiel. Eine Geste des Fair Plays die im Fußball gänzlich unvorstellbar wäre. Hier wurde noch Sport zelebriert. Danach feierten natürlich auch die Trierer noch mit ihren Fans und irgendwie wollte danach kaum jemand nach Hause gehen. Ich hatte noch einen Termin und ging daher nach Hause, aber irgendwie hatte ich schon das Gefühl, dass da wohl noch irgendwas gekommen wäre. Oder waren das einfach alles Kumpels und Freundinnen der Spieler?

Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich mir nächstes Jahr gerne wieder ein Spiel der Stampers angucken werde. Und jedem anderen kann ich nur empfehlen, sich mal umzuschauen, ob euer Ort nicht auch eine American Football-Mannschaft hat. Es sind wirklich entspannte drei bis vier Stunden Unterhaltung, die wirklich Spaß machen. Ich persönlich kann den September auch um so mehr kaum erwarten und freu mich auch schon drauf, wenn demnächst meine NFL Fantasy Football league los geht. Was das wiederum ist, erfahrt ihr in einem anderen Blogeintrag. Also schön aufgepasst, hier bei Dannimax.de

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