Kinobesuche sind immer eine feine Sache. Auch und gerade, wenn man ein kleines Blogg führt und so neues Futter bekommt. Entsprechend trotzten Olli und ich gestern dem guten Wetter oder dem Auftritt des Politikers Martin Schulz an der Porta Nigra und begaben uns ins Wuchermaxx… äh… Cinemaxx und erfreuten uns am neusten Film von regisseur Edgar Wright. Baby Driver! Wie der Film so war? Das erfahrt ihr nach dieser Spoilermeldung:
Das Kinovergnügen war für mich dieses Mal ein Stück weit Jungfräulich. Denn ich wusste über Baby Driver im Vorfeld NICHTS. Ich hab nur irgendwo mal auf Facebook gesehen, dass ihn jemand gut fand, sonst aber nicht mal einen Trailer gesehen. Ich konnte mich also fast ungespoilert in dieses Vergnügen machen. Und ich hatte Glück. Das einzig enttäuschende waren die Kinotrailer vor dem Film.
(Da kommt eine Menge Schrott auf uns zu… Bad Moms 2? Really? Milla Kunis hat ihre Karriere also bereits aufgegeben? Und bei „The Circle“ war ja schon der Trailer eine Pseudo-moralisch unterschwellige Gesellschaftskritik an Facebook und Google. Digitale Dystopie? Ich würde schon den Versuch dieses Filmes ist eher der Versuch, mit den Ängsten von Verschwörungskritikern Kasse zu machen. Und entsprechend sehen die bisherigen Zuschauerbewertungen aus…)
Baby Driver selbst war dann wirklich großartig. Es ist eine Mischung aus einem Musikfilm und einem Ganovenfilm. Es geht dabei um „Baby“, gespielt vom gerade mal 23-jährigen Ansel Elgort. Dieser ist Fahrer für „Doc“, einen Verbrecherbaron, der diverse Bankraube organisiert. Und schon von Anfang an ist klar – Baby ist trotz seines jungen Alters ein teuflisch guter Fahrer. Dabei ist ihm vor allem eins wichtig – Musik. Er trägt ständig irgendein anderes Ipod und Sonnenbrille und während man den großartigen Soundtrack mit meist glorreicher Mo-Town Mucke aus den 70ern hört, merkt man schnell, dass sämtliche Geräusche im Film zu der Musik passen. Wenn jemand ein Glas anstößt, eine Tür schließt oder sonst eine Bewegung macht, die mit einem Klang verbunden ist, dann passt dieses rhythmisch stets auch zum gerade laufenden Song. Somit ist gerade der Anfang von Babydriver nicht nur ein Seh-, sondern auch ein Hörvergnügen par excellence. Dazu kommt diese extreme Coolness. Nicht nur von Baby, sondern auch die Ganoven, die quasi die Drecksarbeit erledigen müssen, bevor Baby sie mit seinem Fahrtalent aus der Scheiße holt und Auftraggeber Doc, gespielt vom grandiosen Kevin Spacey sind immer schön dargestellt.
So bringt der Film auch alle Lacher mit, die so ein Ganovenfilm bieten kann, die Charaktere sind alle überzeichnet. So ist zum Beispiel ein Ganove mit Tätowierungen überdeckt und hat am Hals „Hat“ und dahinter ein Herzchen tätowiert. Auf die Frage, warum er sich „Hüte“ hat tätowieren lassen, meint dieser nur „Da stand früher mal „Hate“. Aber damit hat man Nachteile in Bewerbungsgesprächen, daher hätte er aus dem e ein Herzchen machen lassen und ganz im Ernst… wer hasst schon Hüte?“. Auch ganz großes Tennis ist es, wenn ein Ganove Masken besorgen soll und statt dem Gruselgesicht Michael Myers aus der Haloween Movieserie mit Mike Myers Austin Powers Masken daher kommt.
Über die Gespräche der Ganoven erfährt man dann immer mehr über Baby. Der hat seit einem Autounfall, bei dem seine Eltern starben einen Tinitus und hört daher ständig Musik, um das piepsen zu überspielen. Zudem pflegt er einen gehörlosen älteren Mann zuhause, weswegen er Lippen lesen kann und Zeichensprache versteht. Und so gut er als Fahrer auch ist, er macht dies nicht ganz freiwillig, da er als Junge wohl einmal Docs Auto gestohlen hatte und nun quasi seine Schulden bei dem Ganoven abbezahlen muss.
Für Baby scheint die Arbeit als Fahrer anfangs noch ein Spaß zu sein, das ändert sich aber, als er mit „Bats“ einen Bankraub durchführen muss. Der grandios von Jamie Foxx gespielte Ganove ist selber völlig durch und ballert sich quasi durch sein Umfeld. Ständig erschießt er unschuldige Passanten, sogar wenn es nur darum geht, sich in einer Tankstelle eine Packung Kaugummis zu besorgen, muss dafür der Kassierer dran glauben. Baby bekommt erhebliche Gewissensbisse, was auch daran liegt, dass er in einem Diner Deborah kennen lernt und die beiden sich ineinander verlieben. Doch leider kann er auch nicht einfach so aussteigen, da Doc ihm sonst damit droht, seine liebsten umzubringen.
Spätestens als ein Postraub schon in der Vorbereitung vollends schief läuft und Bats mit seinem losen Finger Kontaktleute von Doc nieder schießt, versucht Baby irgendwie die Flucht. Wie und ob ihm das gelingt, will ich an der Stelle gar nicht groß beschreiben, kann aber sagen, dass das Ergebnis in ein paar wunderbaren Verfolgungsjagten endet.
So ist Baby Driver wirklich ein großer Spaß. Das einzige, was man kritisieren könnte, wäre, dass gerade zum Ende hin das Geballer doch etwas zu viel wird und der Kampf der Ganoven mit der Polizei doch etwas ZU überzeichnet ist. Auf der anderen Seite ist die Konsequenz bei Baby sehr schön dargestellt, da er noch in Zeichen größter Gefahr nie das tut, was „der Bad Guy“ tun würde, sondern immer dieses Maß an Ethik und Gutmenschentum bewahrt und damit auch Leben rettet – oder auch einer Frau, der er gerade das Auto stiehlt die im Auto vergessene Handtasche mit den Worten „Entschuldigung“ übergibt. So ist man im Film immer für „Baby“ und nicht auf der Seite der „Bösen Verbrecher.“ Da man sich mit Baby identifizieren kann, kommt man so also nicht in eine moralische Zwickmühle, beziehungsweise kann mitfiebern, ob Baby es gelingt, sich aus der Situation zu befreien, ohne dabei amoralisch zu werden.
All dies hat Regisseur Edgar Wright richtig gut inszeniert. Aber das sollte auch nicht verwundern. Von Wright sind auch solche Machwerke wie die Cornetto-Trilogie um Shaun oft he Dead oder Hot Fuzz oder der grandiose „Scott Pilgrim“. Und auch mit Baby Driver ist ihm ein Geniestreich gelungen, der – genau wie die anderen Filme – höchstwahrscheinlich eines Tages auch den Weg in meine DVD-Sammlung finden wird. Daher gibt es für das – einzig vom übertriebenen Geballer getrübten – Meisterwerk von mir 5 von 6 Chevrolets. Und die Empfehlung, sich den Soundtrack für die nächste größere Autofahrt zu besorgen.