Dannimax goes Oscars! Heute: Three Billboards outside Ebbing, Missouri

Hier also Folge drei der diesjährigen Best-Picture-Rezensionen. Es ging in den Film mit dem ellen langen Filmtitel „Three Billboards outsinde Ebbing, Missouri.“ Ob die Reise nach Missouri gelohnt hat, erfahrt ihr nach dieser kurzen Spoilerwarnung.

Zunächst, der Film wurde nicht in Missouri gedreht, denn die Ortschaft Ebbing gibt es nicht. Scheinbar geben sich optisch Missouri und North Carolina nicht sehr viel. Dort, nahe der Ortschaft Sylva fanden die Dreharbeiten statt. Doch ich kann zumindest sagen, dass der Gang ins Kino sich extrem gelohnt hat. Uns erwartete ein bitterböser, schwarzhumoriger Film, wie er amerikanischer nicht sein konnte. Dahingehend überrascht es übrigens, dass Regisseur Martin McDonagh ein Engländer mit irischen Wurzeln ist. Dennoch genießt der Zuschauer eine Atmosphäre, wie man sie vielleicht auch schon in Fargo, Hell or High Water oder the Big Lebowski erleben konnte. Die gesehenen Personen sind in der Regel alle recht überzeichnet. Doch hier kombiniert sich dies mit einer sehr ernsthaften Geschichte und dem Film gelingt es in manchen Situationen auch, im Bruchteil einer Sekunde auf „Ernsthaft“ umzuschalten.

Worum geht es im Film? Die Hauptrolle steht Mildred Hayes zu, die von der fantastischen Frances McDormand gespielt wird. (Sehr passend, hatte McDormand doch schon für die schwangere Polizistin in Fargo einen Oscar erhalten). Diese hadert mit der lokalen Polizei, da es dieser im letzten Jahr nicht gelungen ist, den grausamen Mord an ihrer Tochter aufzuklären. Da der Respekt der Bewohner von Ebbing vor den Polizisten der Stadt eh nicht sonderlich hoch zu sein scheint, kommt Mildred der Gedanke, die Polizei ein wenig zu provozieren und an der Ehre zu packen in der Hoffnung, dass diese die daraufhin ihre Investigationen noch einmal intensivieren. Dazu bucht sie sich drei Werbeplakate und bringt an Ihnen die einfachen Sätze „Raped while dying“, „Still no Arrests?“ und „How Come, Chief Willoughby?“ an.

Chief Willoughby, gespielt vom wie immer hervorragenden Woody Harrelson ist davon wenig begeistert. Er versucht Mildred zu erklären, dass sie wirklich alles versucht hätten, zudem bittet er sie um Rücksicht, denn er hätte Krebs und nur noch wenige Monate zu leben, doch Mildred bleibt hart mit ihrer Kriegserklärung an die Polizei. Es folgt ein regelrechter Schildbürger-Streit, der jedesmal weiter eskaliert. Das geht soweit, dass auf der einen Seite der völlig verblödete, rassistische Polizist Jason Dixon, gespielt vom ebenfalls grandiosen Sam Rockwell Mildreds Freunde wegen Bagatellen verhaftet oder den Vermieter der Billboards ohne Grund verprügelt und durch das Fenster aus dem ersten Stock seines Büros wirft. Auf der anderen Seite wird Mildred so weit getrieben, dass sie am Ende mehrere Molotow-cocktails auf das Polizeirevier wirft.

Interessant dabei ist aber auch der gegenseitige Respekt, den die Polizisten wie auch Mildred ihrem Gegenüber gewähren. Jeder bei der Polizei wusste, dass Mildred hinter dem Brandanschlag stecken müsse, doch niemand kam auf die Idee, sie irgendwie festzunehmen. Auch als Chief Willougby bei einem Verhör Mildred versehentlich Blut ins Gesicht hustet, bricht sie sofort mit ihrer Fassade der eisernen Rächerin und zeigt sich hilfsbereit.

Sowieso weiß der Film ganz genau, wann jegliche Zote unangebracht wäre. Spielend wechselt der Film von Humorvoll auf ernst und es gelingt dem Film dabei zu jederzeit, mit teilweise einfachsten Körperhaltungen den Zuschauer mit auf diese Reise zu nehmen. So stellt der Film durchaus dar, welchen Verlust Mildred erleiden musste, um überhaupt die Motivation für diesen sehr niveauvollen Rachezug auf sich zu bringen. Ihr sie schlagender Ehemann hatte sie danach verlassen, um mit einer 19-jährigen durchzubrennen, am Abend vor Angelas Verschwinden hatten die beiden sich noch böse gestritten und beleidigt, generell ist Mildred Opfer der Hilflosigkeit, da sie an dieser ganzen Situation einfach nichts ändern kann.

Der Film nimmt ebenso eine sehr interessante Wendung, als sich Willoughby auf Grund seiner Krebserkrankung selbst erschießt und auch an Mildred oder Dixon Abschiedsbriefe versendet. Für Mildred zum Beispiel wird ihr Feldzug immer schwieriger, weil nach Willoughbys Tod die öffentliche Meinung dreht und ihr Leute zusehends ans Leder wollen und ihr die Unterstützung versagen. Aber auch an anderer Stelle zeigt Willoughbys Ableben Wirkung. Denn auch Dixon wandelt sich vom verblödeten, hitzköpfigen Mamasöhnchen zum Guten. Denn im Herzen will eigentlich auch Dixon immer das gute, was anfangs maximal an den steten Superhelden-Comics, die er liest zu erkennen sein könnte, dann aber erst mit dem Brief des Chiefs so richtig geweckt wird. Zu dumm, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits gefeuert wurde. Aber er erkennt, wie sehr er sich bisher im Weg gestanden hat. So verbünden sich Mildred und Dixon am Ende sogar, als letzterer in einer Kneipe ein verdächtiges Gespräch aufschnappt und die eigene Gesundheit riskiert, um der Sache auf eigener Faust nachzugehen, in der Hoffnung, durch Zufall den Mörder gefunden zu haben. Und auch Mildred zeigt sich dankbar, als sie erkennt, dass Dixon das Herz am rechten Fleck hat. Dieser hatte zuvor nämlich bei der Molotow-Cocktailaktion im Polizeirevier fast den Flammentod erlitten, rettete beim herausstürmen aber noch instinktiv die Akte von Angela aus dem Feuer. Vielmehr begreift sie auch, dass es der Polizei eben doch nicht egal war, was mit ihrer Tochter geschehen ist.

Der Film hat dann etwas überraschend ein offenes Ende, mit dem man sich aber schnell arrangieren kann. Im Grunde hofft man sogar, dass es keinen zweiten Teil gibt, obwohl dieser offensichtlich wäre. Denn der Film bleibt sich so treu, es geht nie darum, wer nun Angelas Mörder sein könnte. Es geht im Grunde immer nur um die bärbeißige Mildred und ihren Kampf gegen die Polizei. Natürlich könnte sich ein zweiter Teil um sowas drehen, aber diese Umsetzung wäre dann vermutlich wieder typisch Hollywoodesk. Und genau das will dieser Film nicht sein. Gerade wenn es um diese drei Schilder geht, wird viel mit Bildpoesie gearbeitet, er ist irgendwie anders, der Film scheint trotz aller überzeichneter Charaktere aus dem Leben gegriffen. Und die Vorstellung, dass ein gefeuerter Polizist und eine Souvenirverkäuferin auf einmal sich auf einen solchen Rachezug begeben, hätte auch nicht wirklich gepasst.

So kann man sich viel mehr an der Darstellerischen Leistung erfreuen. Frances McDormand ist für die beste Hauptrolle nominiert und das aus gutem Grund. Als ständig fluchende, Schülern in die Weichteile tretende, Zahnarzt-den-Bohrer-durch-den-Daumen rammende, eiserne, taffe Lady ist sie für mich ein großer Favorit auf diese Rolle. Übrigens ist sie im englischen Original auch äußerst gut zu verstehen, ihre Körpersprache tut das übrige und sie bei ihren steten, kernigen Flüchen zu hören ist eine wahre Wonne. In der Tat ist der Film sehr ausdrucksstark und es lohnt sich, ihn im englischen Original zu sehen. Aber auch Sam Rockwell und Woody Harrelson haben sich ihre Oskarnominierungen für die beste Nebenrolle absolut verdient, gerade an Sam Rockwell wird es nach dieser Leistung schwer vorbei zu kommen sein. Auch Lucas Hedges, Mildreds Sohn Robbie kennt man bereits aus Manchester by the Sea und gibt hier eine gute Performance ab. Und dann wären da noch die putzigen Auftritte von Peter Dinklage, der Mildred ständig Avancen macht und vor allem Penelope, die neue Freundin von Mildreds destruktiven, gewalttätigen Exmann Charlie (John Hawkes). Penelope, gespielt von Samara Weaving zeigt ein besonderes Händchen dafür, Belanglosigkeiten im hohen Tempo genau dann heraus zu plappern, wenn es einfach angemessen wäre zu schweigen. Dabei ist das, was sie sagt meist so dümmlich, dass sie das Bild der 19-jährigen dummen Pute, die vermutlich nichts kann außer Bettsportarten einfach perfekt zeichnet. Eine wahre Freude, sie in diesem Film zu sehen. Und ja, auch Optisch. Und nein, Samara Weaving ist nicht mit Hugo Weaving verwandt. 😉

So bleibt als Resume zu sagen. Dieser Film hat einfach keine Schwächen. Er unterhält mit seiner guten Story und hat zeitgleich sehr viele gute lacher, das Casting der Schauspieler ist großartig und passend dazu dann auch noch die Musik von Carter Burwell, welchen man schon durch die Filmmusik zu No Country for Old man, The Big Lebowski, Fargo oder Being John Malkovich kennt. Auch hier gab es eine von insgesamt 7 Oskarnominierungen. Es ist schwer vorherzusagen, wie viele Oskars es am Ende dann wirklich werden. Wie uns schon im letzten Jahr „Hell or High Water“ gezeigt hat, gehen Filme dieser Machart gerne leer aus. Es wirkt eben trotz aller Perfektion ein wenig wie ein Indie-Film. Gerade für Best Picture sehe ich da irgendwie schwarz. (Sam Rockwell und eben Frances McDormand rechne ich allerdings durchaus Chancen zu, in ihren Kategorien zu gewinnen.) Doch mich muss es ja nicht stören, wenn die Academy urplötzlich Moonlight vor La la Land packt, obwohl Lion im Feld war. In meinem Ranking gibt es an „Three Billboards outside Ebbing, Missouri“ nichts auszusetzen und daher ist diese Bewertung sehr einfach. 6 von 6 Oskars.

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