Dannimax goes Cinema! Heute: Bohemian Rhapsody

Und wieder einmal war gestern das Broadway Kino in Trier für ein paar Stunden mein Heim. Es ging in einen der wohl meist erwarteten Filme des Jahres. Bohemian Rhapsody. Der Film über das Leben von Freddy Mercury und die Musikband Queen. Wie er so war? Das erfahrt ihr nach dieser SPOILERWARNUNG

Selten hat man die Gelegenheit, so etwas zu sagen. Aber irgendwie ist es schön, ein Teil der 80er Jahre irgendwie mitbekommen zu haben. Ja, auf Dauerwellen, neonfarbene Frottee-Stirnbänder oder Schulterpolster hätte man verzichten können. Aber bei manch einem Musikstück, das damals so durch die Radios geisterte, kann man noch heute sehr nostalgisch werden. Und nichts vielleicht mit Ausnahme von Michael Jackson scheint da exemplarischer zu sein als die Hits von Queen. Um eben jene Band geht es um Bohemian Rhapsody, allen voran um ihren Frontsänger, die schillernde Person Freddy Mercury, gespielt von Rami Malek. Der biografische Film zeigt sein ausgefallenes Leben von 1970 bis zum berühmten Life Aid Auftritt am 13. Juli 1985. Man begleitet einen extravaganten, ambitionierten und feiernden Künstler auf der einen Seite, auf der anderen Seite den zerbrechlichen Farookh Bulsara auf der Suche nach Anerkennung und Freundschaft.

Nicht zu knapp kommt dabei natürlich die Musik Queens. Immerhin ist es ein Musikfilm. Es ist auch schön zu sehen, bei welcher Gelegenheit welcher Song entstanden ist. Ob es nun die Geschichte von Bohemian Rhapsody selbst ist, für den sich Queen drei Wochen lang nach Monmouth in die Hinterwäldleriche Einsamkeit von Wales zurück zog. Ob es „Love of my Life“ war, welches er für seine Verlobte und einzige echte Freundin Mary Austin (Lucy Boynton) komponierte. Oder ob es das Bass-Riff von „Another one bites the dust“ war, was vor allem dazu diente, eine handfeste Prüglerei zwischen Mercury und Drummer Roger Taylor (Ben Hardy) zu verhindern, alle Songs untermalen die jeweilige Situation perfekt und es scheint, als hätte Queen wirklich zu jeder Lebenssituation einen passenden Song geschrieben.

Gerade das Verhältnis der vier Musiker untereinander ist einer der Kernelemente des Films, denn sie sind wie eine Familie. Sie streiten meistens, aber sie scherzen auch und vor allem brauchen auch einander und wissen dies. Tatsächlich sind Taylor, Bassist John Deacon (Joseph Mazzello) und natürlich Gitarrenvirtuose Brian May (Gwilym Lee) auch die einzigen, die Freddie noch irgendwie Widerworte geben. Wie sehr Freddie dies nötig hat, zeigt auch vor allem die Zeit, als er sich von den anderen zurück zog, um als Solokünstler zu arbeiten und im Drogensumpf der Münchener Party- und Lederszene fast völlig versackt wäre. Gerade sein Lebensgefährte Paul Prenter (Allen Leech) scheint dabei wie ein Krebsgeschwür auf ihn zu wirken. Erst als Freddie erkennt, dass Paul zum einen ihn von Mary fern hielt, obwohl diese mit ihm reden wollte und zugleich verschwiegen hat, dass Bob Geldorf wegen dessen Live Aid Konzert angefragt hatte, kann er sich von dessen Einfluss lösen und quasi in den Schoß der Familie zurückkehren.

Dies ist nur ein Moment der Themen, die Mercury beschäftigen. Genau so geht es, was das problematische Verhältnis mit seinem Vater betrifft, mit der Erkenntnis seiner sexuellen Orientierung oder aber mit seiner Krankheit. All dies ist hervorragend gespielt, Malek gibt eine geradezu oskarwürdige Performance ab. Vor allem, als sie sie die kompletten 20 Minuten des Queen-Liveaid-Konzertes nachspielen, ja gar kopieren, vergisst man, dass es sich hier um Schauspieler handelt. Es fühlt sich so an, als wäre man selbst Teil des heutzutage als wohl besten Liveauftritt der Geschichte bezeichneten Events. Übrigens wurde Brian May auf eine Art und Weise kopiert, dass man ihn vom Original der damaligen Zeit nicht mehr auseinander halten kann. Wahrlich beeindruckend.

Dennoch, die Meriten gehören Rami Malek. Seine ganze Körpersprache, seine Bühnenperformance, all das ist so exakt, dass man wirklich denkt, man hätte Mercury da vor sich. Dahingehend sollte man wohl dankbar sein, dass der Film eigentlich schon seit 2010 in der Mache war und zwischendurch das ganze Produktionsteam nebst Darstellern wechselte. Auch Regisseur Brian Singer musste durch Dexter Fletcher ersetzt werden, nachdem gegen Ihn Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen aufkamen. Nach den Ursprünglichen Plänen hätte der Film den Tod Freddies bereits zur Mitte des Films erzählt. Das hätte sicher auch noch Stoff mit sich gebracht, denn allein dass Mary Austin auf Wunsch Freddies die Urne mit dessen Überresten versteckte und bis heute niemandem verraten hat, wo sich das Grab des Musikers befindet, wäre eine Geschichte für sich gewesen. Auch dass Austin so gut mit Mercury befreundet war, dass er zum Patenonkel ihres ersten Sohnes auserkoren wurde und sie auf der anderen Seite 50 % seines Vermögens erbte hätte ein paar Filmminuten füllen können. Generell hat man ein wenig den Eindruck, als hätte man noch viel mehr Geschichten dieser Band erzählen können (Ich sage nur Barbara Valentin) aber die Zeit wäre einfach irgendwann voll gewesen. Und trotzdem bin ich zufrieden mit dem, was ich gesehen habe. Denn die Vorstellung, dass sonst Borat-Darsteller Sascha Baron Cohen Mercury gespielt hätte, will mir einfach nicht gefallen. Nicht, nachdem ich gesehen habe, wie gut Malek war.

Da der Film in seiner ganzen Art natürlich auch zugleich sehr britisch ist, empfiehlt es sich übrigens auch, sich den Film im englischen Original anzusehen. Ich denke, dass die synchronisierung des Films der Verbundenheit der vier Queenmitglieder vielleicht etwas schaden könnte. Zudem sind solche Witze wie der, als Taylor Mercurys Schwester Kashmira mit den Worten „Na, was machst du heute Abend?“ und diese mit „Hausaufgaben?“ antwortet im Original irgendwie nochmal unterhaltsamer.

Und wenn wir schon bei „irgendwann ist der Film halt mal voll“ sind, im Grunde gilt das auch für den Blog. Noch einmal wird mir bewusst, wie gut dargestellt das alles war, denn ich fühle mich verleitet, etwas über die Besonderheit des Live-Aid-Konzertes zu erzählen. (Immerhin sah man dort auch die Widervereinigung von Led Zeppelin, The Who, Status Quo oder Black Sabbath einschl. Ozzy Osboune und Phil Collins trat auf beiden Konzerten in London und Philadelphia auf, obwohl sie beide quasi am gleichen Tag stattfanden). Aber eigentlich soll es ja um den Film Bohemian Rhapsody gehen. Und der ist einer, der so gut ist, dass man ihm einige chronologische Lügen nicht übel nimmt. (Nein, Freddy Mercury hatte keine Stimmenvarianz über vier Oktaven. Aber fast. Und nein, er hat weder Mary 1970 auf einem Smile-Konzert im Backstagebereich kennen gelernt sondern während er in einem Modegeschäft jobbte, noch hat er die anderen Musiker angefragt, ob sie nach dem Austritt von Tim Staffell (Jack Roth einen neuen Sänger gebrauchen könnten. Viel mehr arbeitete er schon seit einem Jahr als Roadie für die Band Smile und kannte Staffell schon seit 1966 über die Kunst-Universität.) Diese Unwahrheiten kann man verkraften, denn man bekommt als Entschädigung eine zweistündige Queen-Beschallung, verpackt mit einer entspannenden Geschichte. Damit ein einziger Feel-Good-Film, der von mir die volle Punktzahl erhält, nebst der Prognose: wir sehen uns bei den Oskars wieder. In dem Sinne: 6 von 6 Mikrofonen.

P.S. Hier übrigens die Playliste des Films.

20th Century Fox Fanfare
Somebody to LoveDoing All Right… (Performed by Smile)
Keep Yourself Alive (Live At The Rainbow)
Killer Queen
Fat Bottomed Girls (Live In Paris)
Bohemian Rhapsody
Now I’m Here (Live At Hammersmith Odeon)
Crazy Little Thing Called Love
Love of My Life (Rock in Rio)
We Will Rock You
Another One Bites the Dust
I Want to Break Free
Under Pressure (Performed by Queen & David Bowie)
Who Wants to Live Forever
Bohemian Rhapsody (Live Aid)
Radio Ga Ga (Live Aid)
Ay – Oh (Live Aid)
Hammer To Fall (Live Aid)
We Are the Champions (Live Aid)
Don’t Stop Me Now…

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