Dannimax goes Kino! Heute: Dunkirk

Wie Olli es schon auf seinem Facebookprofil verkündete, ist diese Woche ja die Zweiter-Weltkriegs-Woche. Nachdem wir am Montag bereits bei Hacksaw Ridge eher die Schrecken schlechter Filmemacherei denn die Schrecken des Krieges kennen lernten, stand nun der zweite Termin an. Im Trierer Broadway lief die Christopher Nolan-Verfilmung „Dunkirk“, welche die Geschichte der „Operation Dynamo“ erzählte. Wie er war, erfahrt ihr nach dieser SPOILERWARNUNG!!!

Eins der wenigen positiven Sachen am Mel Gibson-Kriegsfilm Hacksaw Ridge ist vermutlich, dass man ihn nun nutzen kann, um Vergleiche zu ziehen. Denn man kann wohl ruhigen Gewissens behaupten, dass Dunkirk einfach all das richtig gemacht hat, was bei Gibsons Schrottfilm falsch gelaufen ist. Zur Erinnerung, Hacksaw Ridge erzählte erstmal eine fürchterliche, platte Liebesgeschichte, kopierte dann ohne viel Herz die Grundausbildung aus Full Metal Jacket und ergab sich dann in eine triviale, charakterlose Kunstblutorgie. Dass ein Kriegsfilm alle drei Sachen gar nicht braucht, zeigt Dunkirk perfekt. Ich kann mich im ganzen Film nicht an eine Szene erinnern, wo jemand groß geblutet hätte, während Gibson gefühlt das ganze japanische Reich auslöschte, war bei Dunkirk nicht ein einziger deutscher Soldat gezeigt. (Sieht man mal von einer kleinen Schlussszene ab). Und dennoch, die Bedrohung für die Protagonisten im Film war die ganzen 107 Minuten allgegenwärtig.

Tatsächlich wird in den ersten Minuten des Films nicht einmal gesprochen. Man sieht den Hauptdarsteller durch ein (zugegeben vielleicht etwas zu modern wirkendes) Dünkirchen ziehen, als er und sein Trupp von Deutschen überrascht werden und er als einziger Überlebender sich in den „sicheren Bereich“ des Strandes retten kann. Dort findet er dann den britischen Expeditionskorps vor, darauf wartend evakuiert zu werden. Eine Einblendung sagt einfach nur „Mole, 1 Woche“. Eine Aussage, mit der man erstmal nicht so viel anfangen kann. Vor allem, weil man kurze Zeit später sich auf einmal in einem englischen Hafen befindet, wo Mark Rylance /Mr. Dawson und sein Sohn sowie der junge George gerade dabei sind, ihr Boot zu räumen, damit es von der Marine zur Rettung genutzt werden kann. Die Einblendung „Hafen, 1 Tag“ hilft ähnlich wenig weiter wie die folgende Szene, in der man drei Royal Air Force Piloten – darunter Tom Hardy – bei der Arbeit über dem Ärmelkanal sehen kann, mit einer weiteren Information, die den Zeitraum als „eine Stunde“ beschreibt.

Irgendwann wird dann klar, dass es sich hier um drei separate Geschichten handelt, die quasi Zeitgleich erzählt werden und am Ende tatsächlich in eine Geschichte zusammen laufen. Und alle drei haben einen extrem gut erzählten Spannungsbogen. Ob es nun Tommy ist, der sich in Dünkirchen mit dem arg ruhigen Soldaten Gibson zusammen tut, um irgendwie so schnell wie möglich auf eins der Schiffe zu kommen und dabei gleich dreimal von Bord gehen muss, weil entweder die deutsche Luftwaffe die Schiffe / Anlegestelle zerbombt oder ein Uboot mit Torpedos das Schiff versenkt. Oder auch der spannende Luftkampf, in dem Pilot Farrier irgendwann vor die Entscheidung gestellt wird, entweder nach Hause zu fliegen oder nochmal einen Angriff auf einen gegnerischen Bomber zu fliegen, der zwar dazu führen wird, dass ihm der Sprit ausgeht, dafür aber Menschenleben auf den Schiffen rettet. Oder eben auch die persönlichen Schicksale auf dem Schiff von Mr. Dawson, wo sie einen traumatisierten Soldaten (gespielt von Cillian Murphy) auflesen, der sogar handgreiflich wird, um die Schiffscrew davon abzuhalten, weiter nach Dünkirchen zu fahren und dabei versehentlich George umbringt. Alle diese Geschichten sind grandios erzählt und man fühlt sich ständig, als wäre man mitten dabei.

Dass man sich so mitten drin fühlt, dafür sorgt auch die Soundkulisse. Wo auch immer eine Patrone einschlug, man zuckte zusammen. Gerade die Spitfires waren ein wahres Meisterwerk an Tontechnik. Ein unglaublich satter Motorensound, dazu schien jedes wackelnde Teilchen in den Flugzeugen sein eigenes Geräusch von sich zu geben und man fühlte sich wirklich, als würde man selbst gerade in dieser Klapperkiste herum fliegen, befürchtend, dass sie jeden Moment auseinander fällt.

Und auch musikalisch wird eine unglaublich intensive Spannung transportiert. Man hört durchgehend das Klicken einer Taschenuhr, dazu eine unruhige Geräuschkulisse, die wirkt, als wäre man inmitten eines Bienenschwarms. Tatsächlich gibt es, wenn die Soldaten in England angekommen sind und realisieren, dass sie erstmal wieder in Sicherheit sind und noch nicht zurück müssen einen Moment, wo das Klicken der Uhr aufhört. Und so entsteht eine Stille, die sich durch Mark und Bein frisst.

Dazu kommen auch wieder die gut erzählten Einzelschicksale. Wo bei Hacksaw Ridge ein jeder als Redshirt umgehend als Kanonenfutter akzeptiert wurde und sein Schicksal schlicht und ergreifend ignoriert wurde, gab es bei Dunkirk viele dieser Stillen Momente, die die Grauen des Krieges gut darstellten. Ob es die Verwundeten auf dem Schiff waren, die man mit dem Schiff untergehen lassen musste, ob es die Entscheidung war, ein sinkendes Schiff vom Pier weg zu drücken, damit es nicht sinkt und den letzten verbleibenden Steg ungebräuchlich machte, ob es die schwimmenden Soldaten waren, die in einer Laache aus Öl schwimmen und zusehen müssen, wie ein deutsches Flugzeug über ihren Köpfen abstürzt und damit das Öl entzündet oder der Soldat, der sich in seiner Verzweiflung einfach in die schwere Strömung stürzt und versucht, die 40 km nach England zu schwimmen, fast jeder sterbende geht einem irgendwie nah.

Letztendlich fühlt sich keiner der überlebenden als Held. Und auch als Zuschauer hat man nicht das Gefühl, nun ein Happyend miterlebt zu haben. Obwohl die wichtigeren Darsteller meistens überleben, hat man nicht das Gefühl, über den Ausgang glücklich sein zu können. Auch nicht unglücklich. Man ist auch nicht unbefriedigt. Es ist wirklich mehr so ein „davon gekommen.“ Da dieses Ende bewusst so inszeniert ist, rundet es einen Film ab, den man nicht anders als „großartiges Machwerk“ bezeichnen kann. Der Film ist wirklich nahezu perfekt. Und wenn man bedenkt, dass dieses Jahr so ein fürchterlicher Film wie „Moonlight“ den Oskar für den besten Film gewonnen hat, muss man wirklich hoffen, dass sich die Academy im Februar an diesen Film noch erinnern kann. Nicht nur, dass ich mich nicht erinnern kann, jemals einen Film erlebt zu haben, wo der Ton so ein herausragendes Element der Geschichtsschreibung war, auch Tonschnitt und Musik sind absolute Oskar-Kandidaten. Ein Bauchgefühl sagt mir genau deswegen, dass wir diesen Film im Februar wieder sehen dürften. Und daher gebe ich ihm auch jetzt schon eine Oskar-bewertung, die ganz klar 6 von 6 Oskars erhält. Er reiht sich in die großen Kriegsfilme wie z.B. den Soldaten James Ryan ein. Daher volle Punktzahl für einen absoluten MUST-SEE. Dunkirk sollte wirklich jeder einmal gesehen haben.

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